Hagen Gutekunst über kreatives Unternehmensklima, Ideeninseln und verblüffende Treffer beim Dartspiel
Für Hagen Gutekunst, Geschäftsführer der Gutekunst Formfedern GmbH, beginnt kreatives Innovationsklima schon bei der Sitzordnung. Bewusst hat der Familienunternehmer auf die Chefetage verzichtet, dafür gehen jetzt im Großraumbüro die Ideen aus und ein. Sein Credo: „Nichts ist so weit hergeholt, dass wir es nicht auf seine Realisierbarkeit hin prüfen.“
Sie legen in Ihrem Unternehmen großen Wert auf Offenheit …
Absolut, bei uns steht die hierarchie- und abteilungsübergreifende Kommunikation an erster Stelle. Deshalb habe ich meinen Arbeitsplatz inmitten eines Großraumbüros. Hier sitzen die Entwickler, die Techniker, die Qualitätsmanager und die Verantwortlichen für die Arbeitsvorbereitung zusammen. So bin ich ganz nah dran an der Entwicklung, bekomme stets mit, wenn es irgendwo ein Problem gibt und bin Ansprechpartner für jeden. Auf diese Weise können wir rasch reagieren, das ist unsere Stärke.
Ihr Unternehmen wurde 2017 bereits zum elften Mal als Top-Innovator ausgezeichnet. Wie gelingt es Ihnen, ein so lebendiges Innovationsklima zu fördern?
Eine Kultur der offenen Tür bildet die Basis, denn dank ihr können unsere Führungskräfte zu jeder Zeit in Innovationsprozesse einbezogen werden. Maßgeblich zu unserem Erfolg tragen neben der offenen Kommunikation auch die Teamarbeit sowie abteilungsübergreifende Initiativen bei. Außerdem pflegen wir den Einfallsreichtum unserer Mitarbeiter ganz bewusst, indem wir zum Beispiel ein transparentes Belohnungssystem für kreative Ideen unterhalten.
Wie belohnen Sie die Ideen Ihrer Mitarbeiter?
Alle Anregungen werden im Intranet gesammelt und können von jedem Mitarbeiter eingesehen und mit Punkten bewertet werden. Jeder noch so kleine Einfall darf in das Ideenmanagementsystem eingebracht werden. Die gesammelten Punkte kann der Ideengeber schließlich gegen Geld- oder Sachprämien eintauschen. Zudem gibt es Sondervergütungen für bestimmte Leistungen. Zum Beispiel auch für die Idee zu einer Feder, die Prothesen eine bessere Beweglichkeit verleiht.
Wie schöpfen Sie das kreative Potenzial der Beschäftigten darüber hinaus noch ab?
Für die Produktionsmitarbeiter haben wir „Ideeninseln“ eingerichtet: Tische, an denen sich die Mitarbeiter aus den verschiedenen Abteilungen treffen und gemeinsam ihre Ideen besprechen können. Zudem gibt es einen „Ideenraum“, der allen Mitarbeitern ohne Anmeldung zugänglich ist. Hier sind in den Pausen häufig ein Tischkicker und eine Dartscheibe im Einsatz. Ich bin wirklich überrascht, wie oft dort in ganz entspannter Atmosphäre spannende Ideen entstehen oder auch Probleme angesprochen werden.
Sie beschäftigen Ideenmanager in Ihrem Unternehmen …
Ja, und sie sind für die Förderung des schöpferischen Potenzials in allen Abteilungen verantwortlich. Sie achten darauf, dass Anregungen oder Verbesserungsvorschläge auch von Mitarbeitern ohne PC-Zugang in den Innovationsprozess einfließen. Außerdem liegen im gesamten Unternehmen sogenannte „Innovations-Postkarten“ aus. Die sorgen dafür, dass wirklich keine einzige, noch so verrückte Idee verloren geht.
Was passiert mit Ideen, die noch nicht ausgereift sind?
Durch unseren Innovationszirkel gibt es ein schnelles Feedback an die Mitarbeiter – gerade dann, wenn eine Idee noch nicht ins Schwarze trifft. Sie wandert deshalb nicht in den Papierkorb. Vielmehr hat jeder die Chance, seinen Vorschlag zu überarbeiten und erneut vorzubringen. Sofort realisierbare Konzepte profitieren von den kurzen Wegen unseres mittelständischen Unternehmens.
„Ich bin überrascht, wie oft beim Dartspiel in den Pausen spannende Ideen entstehen.“
Hagen Gutekunst über die Magie des Dartspiels und des Tischkickers
Besonders wichtig, so hört man, ist Ihnen das Teilen von Informationen.
Ja, nur wenn jeder sein Wissen bereitwillig an andere weitergibt, können wir gemeinsam innovativ sein – Geheimniskrämerei bringt uns nicht weiter. Allen Mitarbeitern steht es frei, sich aktiv in jedes Stadium eines laufenden Projekts einzubringen oder neue Aspekte beizusteuern. Dabei ist es wichtig, dass sie keine Angst vor Fehlern haben. So gibt es bei uns keine Schuldzuweisungen, wenn mal was nicht klappt. Sonst würde der Betroffene ja nie wieder eine Idee vorbringen.
Welchen Anteil hat das Top-Management am innovativen Gesamtklima?
Unsere Führungskräfte halten regelmäßig eigene Innovationstage ab – für die Mitarbeiter und für externe Partner. Außerdem unterstützen sie Neuentwicklungen durch Workshops und spezielle Ideenteams. Auch die soziale Verantwortung wird bei uns großgeschrieben. So fördern wir u. a. Mitarbeiterinnen und deren Nachwuchs mittels flexibler Arbeitszeiten oder Heimarbeit. Ebenso liegt uns die Weiterbildung älterer Mitarbeiter am Herzen.
Was unternehmen Sie, um Ihre Marktposition weiter zu stärken?
Um die eigene Marktposition systematisch weiter zu stärken, suchen wir den direkten Draht zu unseren Kunden. In eigens gegründeten Online-Fachforen beantworten wir sämtliche Anfragen rund um Entwicklung, Konstruktion und Verwendung von Metallfedern aller Art. Ergänzt wird die Online-Präsenz durch Unternehmensauftritte auf Facebook, Twitter und Youtube. Auch in der analogen Welt sind wir gut vernetzt: Im Rahmen der regelmäßig veranstalteten Kundentage erläutert das Unternehmen seinen Besuchern den Produktionsprozess bei einer Werksbesichtigung. Viele unserer Kunden erkennen hierdurch erst, welche Möglichkeiten wir ihnen bieten. Auch so lassen sich neue Aufträge generieren.
In welchen ausländischen Märkten sehen Sie Wachstumspotenzial?
Ganz klar in Asien, speziell in China. Hier ist die Nachfrage nach Spitzentechnologie schon heute enorm hoch. Für uns ein hochattraktiver Zukunftsmarkt.
Wo liegen Ihrer Einschätzung nach zukünftig die größten Herausforderungen?
Die allergrößten sicherlich im Fachkräftemängel, der hierzulande bereits jetzt große Probleme bereitet und der sich in den nächsten 10 bis 20 Jahren noch ausweiten wird. Unverzichtbar wird es darum sein, Fachkräfte aus dem Ausland zu gewinnen oder auch mit internationalen Partnern zu kooperieren.
„Innovatives Denken ist für uns so wichtig, weil der Kunde von uns immer die beste Lösung erwartet.“
Hagen Gutekunst